Das Ende ist nah! Der Fall Ballack
Zu diesem Schluss muss man kommen wenn man die Berichterstattung des gestrigen Tages nimmt. Die Online Kommentare sprechen eine ähnliche Sprache. Deutschland hat ohne Michael Ballack keine Chance mehr auf den vierten WM Titel – ach was Viertelfinal und Achtelfinal und Vorrunden-Aus drohen. Der Fortbestand des deutschen Fussballs ist in Gefahr, wir brauchen sofort…Irgendwas!
Durchatmen, Ruhe bewahren. Michael Ballack ist ein Spieler, ein Wichtiger mag sein, aber nur Einer. Wenn das Wohl und Wehe einer Mannschaft von einem Spieler abhängt, dann hat sie in der Regel sowieso nicht das Potential dazu Weltmeister zu werden. Eine Verletzung oder eine Sperre eines Schlüsselspielers muss im Verlaufe von sieben Spielen einkalkuliert werden. Natürlich sind bestimmte Spieler nicht so ohne weiteres zu ersetzen, sollte z.B. Messi ausfallen, kann Argentinien nicht einen gleichwertigen Spieler aus dem Hut zaubern. Ein Team das Weltmeister werden will, muss in der Lage sein, auch einen solchen Ausfall zu kompensieren. Zur Not muss das System entsprechend angepasst werden.
Die Diskussion um den Leader, den Capitano, die Nummer 10 rührt in Deutschland von der Vorstellung, von dem Wunsch her, DEN Einen Spieler im Mittelfeld zu haben, der den Ausschlag gibt. Seit der alte Fritz 1954 Deutschland das Wunder von Bern bescherte sucht Fussball Deutschland bei jedem Turnier diesen einen Spieler. 54 Fritz Walter, 74 Franz Beckenbauer, 80 Bernd Schuster, 90 Lothar Matthäus, 96 Matthias Sammer das ist die Reihe die aufgemacht wird. Nun gut Beckenbauer und Sammer haben gar nicht im Mittelfeld gespielt aber sie haben Gift und Galle gespuckt und die Mitspieler zur S… gemacht wenn es nicht gelaufen ist. Ein echter Leader eben! Daher wird jetzt die Rückkehr von Throsten Frings gefordert.
Leider ist dieses Bild falsch. Warum konnte ein Stefan Effenberg in der Nationalmannschaft nie Fuss fassen? Eine Mannschaft sucht sich den Chef auf dem Platz selber. Sie akzeptiert ihn (oder auch nicht) auf Grund seiner Fähigkeiten und seiner Persönlichkeit. Das kann nicht vom Trainer bestimmt werden.
Fritz Walter war wegen seiner fussballerischen Fähigkeiten unumstritten. Das Beckenbauer in einem hochkarätigen Ensemble von 74 der Chef war lag nicht an seiner Schreierei, schliesslich war Wolfgang Overath auch kein Kind von Traurigkeit. Matthäus war 1990 in einem Mittelfeld von Weltklasse Spielern mit Littbarski, Hässler, Thon und Bein primus inter pares.
Löw sollte den Spielern und dem Team vertrauen, dass die souveräne Qualifikation gespielt hat und nicht nach einem starken Mann suchen der alles richtet. Nicht umsonst wird unsere Nationalmannschaft von den anderen Nationen als schwer zu schlagendes Kollektiv gesehen: Le Mannschaft heisst sie in Frankreich, die Mannschaft in den Niederlanden. “Sie hören erst auf zu kämpfen, wenn sie im Bus sitzen!”